Er ist in der Welt – der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung. Der Titel macht Glauben, dass es hier um eine unterstützte und für alle Seiten wohl-wollend geregelte Rückführung von denjenigen Flüchtlingen ginge, die wieder zurück möchten. (Denn die gibt es auch!) Aber weit gefehlt, gemeint ist nichts anderes die zahlenmäßige steigende und schnellere, „verbesserte“, Abschiebung.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie biegsam Sprache ist, da können schlimme Dinge ganz nett, fast sanft, formuliert klingen. Doch zurück zum Gesetzentwurf:
Die Politik steht unter Druck, die gesellschaftliche Debatte ist angeheizt, Migration soll begrenzt werden, es sollen die Asylverfahren schneller und vielleicht ganz woanders durchgeführt werden. Und „täglich grüßt das Murmeltier“, denn ähnlich wie die schon in früheren Jahren verabschiedeten Gesetze zur Beschleunigung von Abschiebungsverfahren und zur Ausweitung der Abschiebungshaft (Gesetz zur besse-ren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20.7.2017, Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.8.2019) wird auch dieses Gesetz nicht die Herausforderungen der Kommunen bei der Aufnahme schutzsuchender Menschen lösen. Mal wieder sollen die Massen beruhigt werden, es klingt, als würde jetzt aber hart durchgegriffen und tausende würden abgeschoben. Tatsächlich wird es vielleicht einige hundert Abschiebungen pro Jahr mehr geben
Schärfere Kontrollen und Härten werden die Menschen nicht von der Migration abhalten, denn Gründe haben sie doch alle. Gut 70 % der Menschen, die einen Asylantrag in Deutschland stellen, haben bei inhaltlicher Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Chance auf einen Schutzstatus, daher ist die Diskus-sion um irreguläre Migration nichts als „Sturm im Wasserglas“. Viele Menschen werden hier bleiben und sind bereits hier. Sie zu einem Teil unserer Gesellschaft zu machen, das sollte Ziel der Politik sein. Wie wohl kommen sich geflüchtete Menschen vor, die in den Medien ständig nur davon hören, dass die Zuwanderung begrenzt werden muss, dass Flüchtlinge irregulär nach Deutschland kommen, dass dringend Gesetze benötigt werden, um die Rückführungen zu verbessern,…??? So werden wir die Menschen nicht motivieren sich einzubringen und sich wirklich zu integrieren. Es bleibt immer ein Stück Angst, Distanz und damit Abschottung, was aber dann ihnen zur Last gelegt wird, nach dem Motto: „Die wollen sich ja gar nicht integrieren.“
Ja, es gibt eine Reihe von Problemen, die anzugehen sind, aber das Rückführungsgesetz wird (mal wieder) nicht dazu beitragen.
Ich schaue gerne immer wieder in den Koalitionsvertrag von 2021, der so viele Hoff-nungen auf migrationspolitischer Ebene aufkeimen ließ. Wir warten noch immer auf die Umsetzung!
- Klärung der Identität durch eine Versicherung an Eides statt
- Abschaffung von Arbeitsverboten für in Deutschland lebende Personen
- Gleichstellung von subsidiär Geschützten mit GFK-Flüchtlingen beim Familiennachzug
- Nachzug minderjähriger Geschwister zusammen mit den Eltern zu unbegleiteten Minderjährigen
Das sind nur einige der Punkte, die umzusetzen so wichtig wären.
Stattdessen aber haben die Ministerpräsident*innen der Länder mit Kanzler Scholz jetzt beschlossen, dass der Familiennachzug zu den subsidiär Schutzberechtigten nicht ausgeweitet werden soll, dass Asylverfahren ausgelagert werden sollen, dass Abschiebehaft verlängert werden soll, dass die ohnehin geringeren Sozialleistungen gekürzt werden sollen (Die Einführung einer Bezahlkarte wird übrigens große Gewinne für IT-Dienstleister bringen!). Damit geht das Signal an die breite Gesellschaft: Wir kümmern uns mehr um euch, wir kürzen den Flüchtlingen jetzt das Geld.
Im Bund-Länder-Papier heißt es wörtlich: „Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind der Auffassung, dass die Anreize für eine Sekundärmigration innerhalb Europas nach Deutschland gesenkt werden müssen.“
Steht das wohl im Einklang mit unserer Verfassung? Das ist eine Diskussion, die geführt werden muss.
Katja Jähnel