Heute vor 80 Jahren wurde Auschwitz befreit. Erst vor 30 Jahren machte Deutschland diesen Tag zu einem offiziellen Gedenktag. Spät, .… , aber immerhin. Die Nachfahren der Getöteten in Auschwitz fühlen sich und ihre Familien auf diese Weise wahr- und ernstgenommen. Sie plädieren dafür, dass diese geschichtlichen Ereignisse wieder viel stärker in den Mittelpunkt von Unterricht, Erziehung und Bildung rücken müssen.
Ich frage mich, ob die derzeitige Mehrheitsgesellschaft bereits wieder an dem Punkt ist, dass sie mit Wissen, aber ohne Widerstand das Verschwinden von Menschen hinnehmen würden. Müssen wir uns Sorgen machen??? In meiner Arbeit als Flüchtlingsreferentin werde ich in der letzten Zeit häufiger von Klient*innen gefragt, ob sie wohl wieder in ihr Herkunftsland (und ich schreibe bewusst Herkunftsland, denn viele von ihnen sind längt hier beheimatet!) abgeschoben werden. Ich zucke dann mit den Schultern und teile ihnen meine Hoffnung mit. Ich hoffe nämlich, dass es genügend Widerstand geben wird, wenn eine neue Regierung aus Remigrationsgedanken Massenabschiebungen machen würde. Ich hoffe, dass bei der Wahl am 23.02.2025 ausreichend wache und demokratische Kräfte verhindern, dass ein solches Gedankengut umsetzbar wird.
Aber ich finde es schlimm, dass man Sorgen haben muss. Ich finde schlimm, dass die Enkel und Urenkel der Menschen in Auschwitz erleben, dass man wieder nach Menschen sucht, die man für „das Übel“ hält, mit denen man den wirtschaftlichen und sozialen Abbau in unserem Land verbindet. Das war damals so, das ist heute so. Dabei übersieht man, dass Migration seinerzeit eingefordert wurde, dass man um die Gastarbeiter gebettelt und gebuhlt hat. Diese Menschen und ihre Familien haben Deutschland zu einem wirtschaftlichen Aufschwung verholfen, den es seinesgleichen sucht. Natürlich haben sie sich niedergelassen und Familien gegründet und sind Teil der Gesellschaft. Die Flüchtlinge im eigentlichen Sinn waren von den Zahlen her nie ein Problem. Der Syrienkrieg hat uns dann mit über einer Million berechtigt Schutzsuchenden vielleicht für den Moment ein wenig überfordert, aber viele von ihnen sich heute eingebürgert, arbeiten und fühlen sich in Deutschland wohl. Inzwischen sind die Zahlen der Asylsuchenden durch eine restriktive Asylpolitik und starke Einschränkungen im Aufenthaltsrecht, im Nachzug, etc. stark zurückgegangen, das könnte unsere Gesellschaft meistern. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Flüchtlinge sollen schuld sein, dass in den Schulen nichts erneuert wird, dass die Infrastruktur nicht entwickelt wird, dass im Gesundheitssystem Probleme und Geldnot herrscht, Schuld an allem seien sie, denn sie seien zu viele, so hört man allzu oft. „Das geht doch nicht so weiter. Man traut sich nicht mehr raus im Dunkeln. Unsere deutschen Kinder sind in den Schulen in der Minderheit, dabei gehört Deutschland uns.“ So und so ähnlich schallt es aus allen Kanälen, ob digital oder analog. Ich erinnere mich dabei an die Diskussionen in den 80er Jahren, die waren nicht anders. „Das Boot ist voll.“, so hieß es damals. Da waren es die Neonazis, die das verkündeten. Unsere demokratischen Kräfte konnten ein Erstarken damals verhindern. Darauf hoffe ich auch jetzt. Wir dürfen rechten Ideen nicht den Platz überlassen und müssen am 23.02. und immer unsere Demokratie schützen und bewahren. Dazu gehört ein fairer und verantwortungsvoller Umgang mit Andersdenkenden, Anderslebenden und Andersaussehenden. Integration statt Ausgrenzung und Abschottung und Abschiebung, das macht unser Land zu einem demokratischen Land. Dafür stehen wir in unserer Arbeit in der Fachstelle Eine Welt im Evangelischen Kirchenkreis Herne tagtäglich ein.